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BEST OF TECHBOOST - TEIL 6: SELFAPY

Psychologische Hilfe via App: Selfapy bietet erste Online-Therapie

Selfapy bietet Menschen mit psychischen Beschwerden und Problemen Online-Therapien an. Unkompliziert und rasch will das Start-up helfen und Wartezeiten überbrücken. Nun auch mit einem kostenfreien Corona-Kursus.

Es kann jeden treffen. Ein Schicksalsschlag, eine seit Jahren existierende Belastung, die sich verstärkt, oder eine Lebenssituation, die einen zu überfordern droht. Menschen brauchen und suchen immer öfter Hilfe. Nach Beschwerden mit dem Muskel-Skelett-System und den Atemwegen stehen psychische Störungen auf Platz drei der Krankheiten, die eine Arbeitsunfähigkeit auslösen. Die Anzahl stationärer Behandlungen aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen ist von 1994 mit 770.500 Fällen kontinuierlich auf mehr als 1,2 Millionen im Jahr 2017 gestiegen.

Die Innovationsworkshops Mit den Innovationsworkshops bringt die Telekom Startups und Kunden zusammen. Der Innovationsworkshop findet unter Teilnahme des Kunden inklusive Geschäftsführung, Vorstand und Experten, dem TechBoost-Team und den ausgewählten Sta

Den Schritt zu einer Psychotherapie zu wagen, erfordert oftmals Mut und Anstrengung. Und nicht immer ist er von Erfolg gekrönt, denn die Zahl der Therapeuten genügt nicht dem Bedarf in Deutschland. Die Folge sind monatelange Wartezeiten für Menschen, denen rasch geholfen werden müsste. Selfapy ist ein Start-up, gegründet von Katrin Bermbach, Nora Blum und Farina Schurzfeld, das Online-Soforthilfe bei psychischen Belastungen anbietet. Besonders aktuell haben mehr Menschen Bedarf an Beratung. Deswegen bietet das Unternehmen unter selfapy.de/corona derzeit einen kostenfreien Kursus an.


„Wir haben das Rad nicht neu erfunden“, sagt Farina Schurzfeld. In Ländern wie Australien gäbe es solche Angebote schon seit längerem und auch in Deutschland bemühen sich Unternehmen wie Selfapy darum, Angebote zu schaffen. Grundsätzlich ist auch Fernhilfe, zum Beispiel über ein Buch, keine Neuigkeit, aber dem gedruckten Wort fehlt etwas, das das Medium Internet perfekt bieten kann: eine sofortige Rückmeldung. Eine, für die Betroffene nicht einmal über die Hürde springen müssen, im Buchladen einen Ratgeber auf den Verkaufstresen zu legen. Anfang des Jahres hat das Start-up sechs Millionen Euro von Investoren eingesammelt. Das Geld soll vor allem dafür genutzt werden, die Wirksamkeit der Anwendung durch klinische Studien zu belegen.


Denn die Möglichkeiten einer digitalen Kontaktaufnahme reichen weit über das starre Korsett eines Buches hinaus. Selfapy ist nach Angaben der Nutzer dazu in der Lage, die Therapie individuell auf den Nutzer anzupassen. Vorgefertigte Elemente werden je nach Anhaltspunkten des Nutzers abgerufen und so eine individuelle Therapie erstellt. „Kein Nutzer bekommt im Depressionsprogramm die gleichen Inhalte“, sagt Schurzfeld.


Ziel sei es für Selfapy nicht, den persönlichen Kontakt zu einem Therapeuten zu ersetzen. In erster Linie geht es um eine erste Hilfe und Gelegenheit, die Phase bis zum Beginn einer bewilligten Therapie zu nutzen. Wenn der Nutzer wünscht, kann er in einem der drei Pakete auch telefonische Gespräche mit Psychologen bei Selfapy buchen. Die Preise beginnen bei 200 Euro im Monat und werden von vielen Krankenkassen übernommen oder teilweise erstattet. Wer auf der Homepage den Namen seiner Krankenkasse eingibt, bekommt sofort angezeigt, ob diese zu den Kooperationspartnern von Selfapy gehören.


Als Online-Programm für Gesundheit bewegt sich Selfapy auf einem besonders heiklen Feld der digitalen Wirtschaft: der Gesundheit des Menschen. Ähnlich wie Banken sind sämtliche Akteure des Gesundheitssektors von Ärzten über Krankenhäuser bis zu kassenärztlichen Vereinigungen zu besonderem Schutz der Daten verpflichtet. Für Selfapy heißt das: Da wo Menschen über ihre psychische Gesundheit sprechen, müssen sie das Vertrauen haben, dass die Informationen absolut sicher sind.


„Die Auflagen, die wir erfüllen müssen, sind sehr hoch“, sagt Schurzfeld. Auch im Marketing sind dem Unternehmen Grenzen gesetzt. „Wir sind in der Vorbereitung einer Kooperation mit einer Krankenkasse und es wird sehr schnell klar, was die alles nicht machen dürfen“, sagt Schurzfeld. Das hemmungslose Nutzen eines Riesenvorrats an mehr oder minder freiwillig preisgegebenen Daten, wie es große Social-Media-Unternehmen tun, ist ausgeschlossen. Alles was an Trackingmaßnahmen heute Standard ist, ist für Anbieter im Gesundheitswesen kaum oder gar nicht anzuwenden.


Das kommende Digitale Versorgungsgesetz wird weitere Anforderungen für Anbieter wie Selfapy mit sich bringen. Die Videos und digitale Beratung basiert auf der Cloudlösung der Telekom. Damit sind die Daten auf Servern auf deutschem Staatsgebiet gespeichert. Das war eine der Anforderungen der Krankenkassen, die das junge Unternehmen dank der Kooperation mit der Telekom und TechBoost von Beginn an erfüllt. „Unsere Anforderungen an Datensicherheit befinden sich auf Augenhöhe mit denen von Banken“, sagt Schurzfeld. Dokumentationspflichten sind eine große Aufgabe für das kleine Unternehmen.


Fünf Themengebiete deckt Selfapy derzeit ab: Depression, Angst & Panik, Stress & Achtsamkeit, Essstörung und chronische Schmerzen sind die Oberthemen von Kursangeboten. Nach einem telefonischen Infogespräch, das kostenfrei ist, kann der Nutzer prüfen lassen, welche Kosten seine Krankenkasse übernimmt – oder ob er als Selbstzahler die Summe alleine tragen möchte.


Die Art der Beratung variiert je nach Leistungsumfang und persönlicher Vorliebe: So findet eine Beratung zum Beispiel ausschließlich per verschlüsseltem Nachrichtenportal statt. Wer ungern schreibt, kann auch mit einem Psychologen am Telefon sprechen. In der Regel verlaufen die Programme über zwölf Wochen, in denen die Fortschritte vermerkt werden und die Auswirkungen auf die kommenden Schritte der Therapie haben. Für Hilfesuchende zum Thema Depression sieht Selfapy derzeit zwölf verschiedene Stränge vor, die je nach Angaben der Nutzer unterschiedlich verzweigt werden. Der Kunde bekommt so eine individualisierte Hilfe. Ohne den schwierigsten Schritt für manche Menschen zu tun und einen Fuß vor die Tür setzen zu müssen.