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FRANK THELEN AUF DER DIGITAL X

Investor Frank Thelen spricht auf der Digital X über die digitale Zukunft

Was bringt die Zukunft? Frank Thelen, Tech-Investor, Seriengründer und Autor hat auf der DIGITAL X DIGITAL EDITION einen Ausblick auf das gegeben, was uns erwartet – und für welche Fehler kein Platz ist.

„Good is the biggest enemy of great“, warnt Frank Thelen. Der aus der Start-up-Show „Höhle der Löwen“ bekannte Seriengründer liebt Statements mit einer gewissen Tragweite. Was nach abgegriffener Management-Weisheit klingt, füllt Thelen indes besonders geistreich aus: „In den nächsten zehn Jahren verändert sich unsere Welt stärker als in den vergangenen 100 Jahren. Wir stehen vor einer Explosion an Disruption und neuen Technologien.“ Nichts weniger als das wollte er den Teilnehmern der zweiten DIGITAL X DIGITAL EDITION vor Augen führen, gar in ihr Unterbewusstsein zementieren.


Technologie entwickelt sich exponentiell. Ein Wachstum, das für Menschen kaum fassbar sei, sagt Thelen. Das mache es für Unternehmen so bedrohlich: „Wer heute an dem Guten festhält, das unseren Wohlstand ausmachen, wird morgen den Sprung in das nächste Zeitalter nicht schaffen.“ Nur, wer jetzt „mehr als gut“ sei, werde überleben. Es gelte, mutig die Zukunftstechnologien in Angriff zu nehmen und in sie zu investieren, um groß und besser zu werden.


Thelen folgt seinem Mantra: Sein Unternehmen Freigeist Capital bei Bad Godesberg investiert in innovative Technologieunternehmen in Europa. Seine Erfahrungen und sein Wissen hat er jüngst in seinem Buch „10xDNA – Das Mindset der Zukunft“ zusammengefasst. Den Teilnehmern der DIGITAL X DIGITAL EDITION gibt er einen kurzen Einblick in die neuen Technologien, in denen „unfassbare Chancen“ schlummern. „Auf der Basis der Digitalisierung werden Technologien wie Künstliche Intelligenz, 3D-Druck, 5G, Quantencomputer und synthetische Biologie unsere Welt tiefgreifend verändern“, sagt er voraus.


Fünfmal wertvoller als der DAX30

Welches Potenzial in den neuen Technologien durch ihr exponentielles Wachstum liegt, zeigt der aktuelle Marktwert der wenigen, jungen US- und chinesischen Tech-Unternehmen in Höhe von rund sechs Billionen US-Dollar. Dagegen liegt der Wert der 30 deutschen DAX-Unternehmen mit einer deutlich längeren Historie bei gerade einmal 1,2 Billionen US-Dollar.


Mit Thelens „Baukasten der Zukunft“ sollen nun deutsche und europäische Unternehmen die neuen Chancen beherzt ergreifen. Er enthält Technologien, bei denen es keine Frage mehr ist, ob sie kommen, sondern wann und wie sie „im Orchester zusammenspielen“.


Einige der Bausteine sind bereits heute im Einsatz, doch ihr Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft: Grundlagen der Robotics etwa kennt jeder von gängigen Saug- oder Mährobotern. Das US-Unternehmen Boston Dynamics hat dagegen Hightech-Maschinen konstruiert, die in der Lage sind, über Eis zu laufen ohne auszurutschen und ein Salto zu schlagen. Elon Musk, für Thelen einer der bedeutendsten Vordenker unserer Zeit, glaubt, dass sich Roboter in den nächsten Jahren so schnell bewegen werden, dass unsere Augen sie nicht mehr erkennen können.


Der Highway für Innovationen

Beliebt ist der 3D-Druck bei Verbrauchern wegen ihrer Do-it-yourself-Herstellung kleiner Gadgets wie Schlüsselanhängern. Im industriellen Umfeld kann diese Technologie ganz andere Dinge erschaffen, wie etwa in der Bauindustrie: Thelen zufolge wird der 3D-Druck eine Revolution auslösen und die heutigen Produktionsverfahren komplett ablösen. Dank 3D-Druck wird es möglich sein, komplexe Strukturen im freien Raum zu gestalten, deren optimale Formen zuvor von einer Künstliche Intelligenz (KI) berechnet wurden.


Künstliche Intelligenz ist für Seriengründer Thelen die „Mutter aller Innovationen“ und sogar die „vielleicht wichtigste Erfindung der Menschheit“. Heute sei das Thema KI oft „überverkauft“, wie Thelen es nennt. Doch selbstlernende Maschinen machen riesige Fortschritte. „Wir dürfen die exponentielle Entwicklung der KI nicht unterschätzen, die durch neue Technologien wie den Quantencomputer befeuert wird“, gibt Thelen einen Ausblick. Der binäre Computer, der mit Einsen und Nullen arbeitet, komme bald an seinem Limit. Er wird durch den Quantencomputer ersetzt werden, dessen Technologie auf den sogenannten Qbits basiert. Deren Zustände sind nicht nur 1 und 0, sondern beliebig viele, was eine neue Dimension an Rechenkapazität bringen wird. Diese Zukunftstechnologie wird zunächst in Rechenzentren Einzug halten und nicht auf Endgeräten.


Beim Thema 5G ist für Thelen die geringe Latenz, also die Reaktionszeit im Netz, ausschlaggebend. „5G ist der Highway für Innovation.“ Damit werden die Endgeräte eins mit der Cloud, und jede Glühbirne so schlau wie der intelligenteste Computer. Sensoren, das Internet der Dinge (IoT) und Big Data werden uns helfen, die Welt besser zu verstehen und besser zu gestalten. Selbstverständlich müsse dabei der Datenschutz beachtet werden, betont er, aber keinesfalls dürfe aus Unwissenheit heraus die Chance intelligent ausgewerteter Daten ungenutzt bleiben. Als aktuelles Beispiel einer sinnvollen Nutzung nennt Thelen die Corona-Warn-App.


Blockchain-Land Deutschland?

Ob Robotics, 3D-Druck oder KI: Bei allen Zukunftstechnologien geht es immer zuerst um das Thema Vertrauen. Hier spielt die Blockchain mit ihrer sogenannten Distributed Ledger Technology (DLTS) ihre Trümpfe aus: Dahinter verbergen sich verteilte Datenbanken, bei denen man sich durch Algorithmen und Konsensbildung darauf verlassen kann, dass die Daten nicht unbemerkt manipuliert wurden. „Wir müssen Deutschland zum Blockchain-Land machen“, fordert Thelen.


Zum Abschluss seiner Keynote öffnet der Unternehmer mit dem Thema „Gene Editing“ noch die Tür einen Spalt breit in die weitere Zukunft, in der Technologie und Biologie ineinander verlaufen werden. Nicht alles davon sei moralisch, und doch müsse jeder Anwendungsfall einzeln bewertet werden, sagt Thelen. Menschliche DNA eigne sich zum Beispiel auch als hochkomplexes Speichermedium für Daten. „Das Ganze endet mit dem App Store in your Brain“, prohpezeit der Unternehmer. „Das ist keine Spinnerei, sondern eine natürliche Weiterentwicklung des Smartphones in der Tasche und der Smartwatch am Handgelenk.“ Bereits in zehn Jahren brauchten wir dann kein Gerät mehr, sondern nur noch ein kleines Gerät hinterm Ohr, das uns geistig beliebig unterstützt oder aufrüstet.


Der 44-Jährige wünscht sich, dass Unternehmen in Deutschland und Europa diese Technologien konstruktiv mitgestalten und anders als in der Ära Internet, Smartphone und Cloud jetzt ihre Chancen endlich ergreifen werden.