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DOMINIK BRENNER: DER SCHUHHANDEL DER ZUKUNFT IST DIGITAL

"Schuh24"-Gründer Dominik Brenner: Der Retter der Fachgeschäfte

Der Familienunternehmer hat die Onlineplattform Schuhe24 mit 100 Millionen Euro Umsatz aufgebaut. Das macht ihn in der Coronakrise zum Gewinner.

Von einer Karriere als Schuhhändler hatte Dominik Benner eigentlich nie geträumt. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften arbeitete er erst für Bilfinger Berger. Dann wurde er Geschäftsführer beim Energie-Start-up Juwi. Sein Spezialgebiet war – und ist auch heute noch – das Immobilienmanagement.


Doch 2012 starb überraschend sein Vater. Und damit erbte Benner nicht nur fünf Schuhgeschäfte, sondern auch die Verantwortung für ein 1882 gegründetes Unternehmen mit damals 70 Mitarbeitern. Dieser Verpflichtung konnte er sich nicht entziehen.



Schnell war ihm klar, dass es nicht reichte, das Familienunternehmen in fünfter Generation genau so fortzuführen. Als er mit dem Onlineverkauf von Schuhen experimentierte, kamen andere Händler auf ihn zu, die ebenfalls einen Weg in den E-Commerce suchten. Er entwickelte die Onlineplattform Schuhe24, über die heute mehr als 2000 Fachgeschäfte verkaufen.


2015 bekam er dafür von Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir den Gründerpreis des Landes Hessen überreicht. 2018 wurde er von EY als „Entrepreneur of the Year“ ausgezeichnet. Doch erst in der Coronakrise zeigt sich in aller Deutlichkeit, wie überlebenswichtig der Schritt zur Plattform war. In den vergangenen drei Monaten hat sich der Umsatz über Schuhe24 verdoppelt.


Ursprünglich war geplant, dieses Jahr den Umsatz im Plattformgeschäft von 75 auf 100 Millionen Euro zu steigern. „Jetzt gehe ich davon aus, dass es eher noch mehr wird“, sagt Benner. Die Anfragen von stationären Händlern, die neu auf die Plattform aufgenommen werden wollten, waren kaum zu bewältigen.


Viele haben durch die Coronakrise massive Einbußen und suchen jetzt nach neuen Absatzwegen. „Wir haben in den vergangenen drei Monaten 500 Filialen neu angeschlossen. Das hat uns personell fast an die Grenze gebracht“, berichtet der Unternehmer. Erst langsam ebbt die Flut an Anfragen von Neuinteressenten wieder ab.


„Die Coronakrise war ein Weckruf für viele Händler, die noch zu wenig oder gar nicht auf E-Commerce setzen“, sagt der Schuhe24-Chef. Noch sei es nicht zu spät für einen Neueinstieg in den Onlinehandel. „Unser Ziel ist es, dass die lokalen Händler ein größeres Stück vom großen Onlinekuchen abbekommen.“


Auf bis zu 50 Kanälen gleichzeitig live


Dabei beschränkt sich Benner nicht auf Schuhe. Auch Textilien, Taschen, Sportartikel und Schmuck gehören zum Angebot, das über die eigene Website, aber auch über Plattformen wie Amazon, Ebay oder Real vertrieben wird. Damit vermeidet Schuhe24 ein Problem, das viele von lokalen Händlern oder Kommunen gegründete Einkaufsplattformen haben: die zu geringe Reichweite.


Die angeschlossenen Händler können gleichzeitig auf bis zu 50 Kanälen live gehen. Schuhe24 übernimmt die gesamte Abwicklung von der Datenpflege über die Zahlungsabwicklung bis zur Beantwortung von Kundenanfragen und bekommt dafür einen Teil des Umsatzes.


Als die Geschäfte aufgrund der Pandemie schließen mussten, schauten viele mit einer Mischung aus Neid und Argwohn auf den Onlinehandel als vermeintlichem Krisengewinner. So forderte Eckhard Schwarzer, Präsident des Mittelstandsverbunds, im Rahmen des Konjunkturpakets ein Rekapitalisierungsprogramm, weil er fürchtete, dass der Onlinehandel erneut im Vorteil sei und der Wettbewerb weiter verzerrt werde. Drogerieunternehmer Raoul Roßmann forderte gar, den Onlinehandel bei der geplanten Mehrwertsteuersenkung auszuklammern.


Benner kann mit solchen Frontstellungen wenig anfangen. „Ich halte nichts davon, den Onlinehandel als Gegner zu sehen“, sagt der 37-Jährige. Wenn ein Händler parallel online verkauft, profitiere auch die Filiale.


Die Versöhnung von Filiale und Onlinehandel bildet Schuhe24 auch in seinem Beirat ab. Dort sitzt zum einen Heinrich Traude, Geschäftsführer von Klauser Schuhe, einem der größten traditionellen Schuhhändler Deutschlands. Dort sitzt aber auch Jens Wasel, Gründer von KW Commerce, einem der umsatzstärksten Amazon-Marketplace-Händler weltweit.


Und auch Onlineunternehmer Benner betont: „Mein Herz hängt am stationären Handel.“ Und das kann der Hobbypilot auch belegen: Das vom Vater geerbte Filialnetz hat er mittlerweile auf elf Läden ausgebaut.