Mehr Chancen für den Independent Aftermarket
SELECT AG: Fahrzeugdiagnose aus der Cloud
Mit IoT-Anwendungen schafft die SELECT AG mehr Chancengleichheit für den Independent Aftermarket im Automobilbereich.
Bremsverhalten, Kilometerstand, Materialverschleiß – Autos funken „Gesundheitszustand“ und Fahrzeuginformationen inzwischen vollautomatisiert an die Hersteller. Technisch kein Problem, denn seit 2018 müssen diese sämtliche Automodelle mit einer SIM-Karte ausstatten, damit Autofahrer bei einem Unfall automatisch Hilfe rufen können (emergency call). Gleichzeitig erhalten die Hersteller über die SIM-Karten auch weitere Fahrzeugdaten und gewinnen so wertvolle Einblicke über den Fahrzeugzustand. Diese dienen dann wiederum der Weiterentwicklung von Fabrikaten und Autoteilen und erlauben es, Kunden Services und Wartungsarbeiten in den Vertragswerkstätten anzubieten, noch bevor Schäden oder Verschleiß auftreten.
Ein klarer Wettbewerbsnachteil im deutschen Independent Aftermarket für die mehr als 21.000 freien Werkstätten. „Die Informationen zu Verschleiß, Fehlern oder Fahrzeugverhalten verbleiben bei den Herstellern“, sagt Daniel Trost, Chief Digital Officer bei der SELECT AG, die deutschlandweit Teilegroßhändler an mehr als 141 Standorten bedient, um die freien Werkstätten mit Ersatzteilen zu versorgen. „Bei rund 45 Millionen Fahrzeugen, die über Deutschlands Straßen rollen, ein enormes Ertragspotenzial.“ Für mehr Chancengleichheit suchte die SELECT AG nach einer äquivalenten Lösung für freie Werkstätten.
Auch interessant: POLYGONVATRO: präzise Verbrauchsdaten aus der Cloud
Fahrzeugdaten in der Cloud bereitstellen
„Unser Service wird dann interessant, wenn Kunden zu einer Werkstatt ihrer Wahl wechseln und ihre Fahrzeugdaten mitnehmen möchten“, sagt Trost. „Deshalb wollen wir ab sofort mit Einverständnis der Autofahrer Fahrzeugdaten erheben, aufbereiten und freien Werkstätten und ihren Kunden zur Verfügung stellen.“ Damit begegnet die SELECT AG zugleich dem Wunsch nach digitalisierten Services auf Seiten der Autofahrer. Denn laut einer Bitkom-Studie legen 77 Prozent der Deutschen beim Autokauf immer mehr Wert auf digitale Dienste auf Grundlage von Fahrzeugdaten.
Kundenservice rauf, Kosten runter
Die SELECT AG bietet ihren Kunden entsprechend künftig die Möglichkeit, Fahrzeuge mittels OBD2-Adapter (OBD = On-Board-Diagnose) und SIM-Karte sowie über den bestehenden Anschluss bereits konnektierter Fahrzeuge zu vernetzen. Die ausgelesenen Telemetriedaten können Werkstätten über eine IoT-Plattform (Internet of Things/Internet der Dinge; IoT) zentral abrufen. Diese haben die Digitalisierungsexperten der Telekom für die SELECT AG auf Basis von Microsoft Azure entwickelt, um sämtliche Daten zu speichern und zu analysieren. „Dank dieser Vernetzung und Auswertung wissen freie Werkstätten, die mit uns zusammenarbeiten, künftig genau, wann ihre Kunden welche Reparatur durchführen müssen und können entsprechend Handlungsempfehlungen geben“, sagt Trost. „So lässt sich die Kundenbindung von der Werkstatt zum Autofahrer erhöhen.“
Zugleich vernetzt das Internet der Dinge Lieferketten und Lagerverwaltungssysteme digital. So können künftig auch Teilehandel und -versorgung automatisiert und bedarfsgerecht erfolgen. Denn die Händler bestellen etwa benötigte Ersatzteile frühzeitig, nicht erst, wenn der Austausch dringend notwendig wird. So sind benötigte Ersatzteile immer rechtzeitig vor Ort oder lassen sich gezielt vorhalten. Das macht Logistikwege und die Lagerbevorratung effizienter.
Auch interessant: Petko GmbH: Druckluftanlagen im Internet der Dinge
Dank IoT Fahrzeuge vorausschauend warten
Bis Ende des Jahres sollen erste Fahrzeuge mit OBD2-Adapter ausgestattet, bereits konnektierte Fahrzeuge vernetzt und Fahrzeugdaten auf der neuen IoT-Plattform analysiert werden. In einem weiteren Schritt erfolgt die vorausschauende Wartung. Dafür wertet eine Künstliche Intelligenz in der Azure Cloud auf Basis vorliegender Daten aus, wann Ausfälle passieren könnten und welche Ersatzteile dafür benötigt werden. „Um Diagnosen und solide Analysemodelle bereitstellen zu können, müssen wir allerdings erst einmal umfassende Fahrzeugdaten sammeln und analysieren“, sagt Trost. „Hier sind uns die Hersteller natürlich einen großen Schritt voraus.“
Neben der IoT-Plattform soll es künftig auch eine App geben, die in der Azure-Cloud gehostet wird, um noch enger mit den Werkstattkunden zusammen zu arbeiten und die Erreichbarkeit zu erhöhen. Hier lässt sich die Fahrzeughistorie und die Kosten abspeichern, per Chat können Autofahrer und Werkstatt unkompliziert miteinander kommunizieren. Auch notwendige oder präventive Reparaturarbeiten, die über den eigentlichen Werkstattauftrag hinaus gehen, lassen sich hierüber direkt abstimmen. Dafür lassen sich beispielsweise Bilder zum Fahrzeugzustand schnell und einfach versenden und rasche Absprachen treffen.
Auch interessant: IT-Trends 2020 für kleine und mittelständische Unternehmen
Microsoft Azure
Microsoft Azure ist eine hoch skalierbare Cloud-Computing-Plattform aus dem Hause Microsoft. Unternehmen beziehen über die Microsoft Cloud Dienste wie Infrastructure as a Service (IaaS), Plattform as a Service (PaaS) und Software as a Service (SaaS). Zudem erweitert Microsoft Azure stetig um neue Dienste und Anwendungen. Nutzer profitieren mit Azure von einer flexiblen Cloud-Infrastruktur, die sich individuellen Bedürfnissen anpassen kann. Durch die Cloud-Services entfällt der Betrieb eines eigenen Rechenzentrums, das monetäre, personelle und zeitliche Ressourcen bindet.
Microsoft betreibt die Azure Cloud sowie deren Services in weltweit verteilten Rechenzentren. Kunden können jedoch entscheiden, in welchem Rechenzentrum sie ihre Azure Dienste und Anwendungen betreiben wollen. In Deutschland erfolgt die Datenverarbeitung DSGVO-konform in einem der vier deutschen Microsoft-Rechenzentren.
Internet of Things
Im Internet of Things (deutsch: Internet der Dinge, kurz: IoT) kommunizieren Gegenstände des Alltags oder Industriemaschinen über das Internet miteinander. Sensoren an Maschinen und Geräten sorgen für eine Vernetzung untereinander sowie mit einer Datenplattform, auf der sämtliche Informationen zusammengeführt werden. So bildet das Internet of Things eine Schnittstelle zwischen realer und virtueller Welt. Dank IoT lassen sich Anwendungen digitalisieren, automatisieren und transparent abbilden.
Die noch relativ neue Technologie gilt als einer der Wegbereiter für die Digitalisierung. Speziell in der Fertigungs-, Energie- und Automobilindustrie hat IoT einen hohen Stellenwert. So macht das Internet of Things Produktionen effizienter, da sich Kosten einsparen und Komponenten vorausschauend Instand setzen lassen.
KUNDENSTECKBRIEF SELECT AG
Name: SELECT Aktiengesellschaft
Gründung: 2000
Hauptsitz: Andernach
Mitarbeiter: 3.900 Mitarbeiter, 1.200 Kundenberater
Jahresumsatz: 700 Millionen Euro
DEUTSCHE TELEKOM UND SELECT AG
Die Aufgabe: Freien Werkstätten fehlt es an automatisiert übermittelten Fahrzeugdaten, um ihren Kunden Wartungs- und Kundenservices anbieten zu können, bevor Schäden entstehen. Die SELECT AG suchte nach einer Lösung, um Informationen zu sammeln, digital aufzubereiten und für die Werkstätten und ihre Kunden verfügbar zu machen.
Die Lösung: Werkstattpartner der SELECT AG können die Fahrzeuge der Endkunden nun mit OBD2-Adaptern und SIM-Karte oder über bereits bestehende Connected-Car-Verbindungen vernetzen, um alle relevanten Daten zu sammeln. Telekom und SELECT AG haben auf Basis der Microsoft Azure Cloud eine IoT-Plattform entwickelt, um sämtliche Daten zusammenzuführen, zu speichern und auszuwerten.
Die Vorteile: Freie Werkstätten können nun die Kundenbindung erhöhen, indem sie die Fahrzeughalter über anstehende Reparaturen proaktiv informieren. Logistikwege lassen sich effizienter gestalten, da Werkstätten auf Basis der Daten Bestellungen besser planen können. Und Ersatzteile sind zum Zeitpunkt der Reparatur bereits vor Ort.